"Natela
Nicoli Auf dem großen Karriere-Sprung"
Maria
Reiter traf die Mezzosopranistin zwischen zwei Gastspielen
Für
die Darstellung der Carmen wurde sie mit dem Festspiel-Opernpreis
ausgezeichnet, in vielen Opernhäusern und Konzertsälen
ist sie eine erfolgreiche und gefragte Künstlerin - die Mezzosopranistin
Natela Nicoli.
Die Sängerin absolvierte ihr Studium in
Klavier und Gesang mit Auszeichnung
und lebt in Österreich. 1996 wurde ihr für
ihre hervorragende künstlerische Leistung die österreichische
Staatsbürgerschaft verliehen.
Sie sind heute an zahlreichen Opern und Konzertsälen als
gefragte Sängerin tätig. Sie haben Ihre Ausbildung an
der Hochschule auf sogenannte traditionelle Weise begonnen.
Wenn
Sie unter traditionell die richtige Ausbildung verstehen, dann
haben Sie recht. Ich hatte das Glück, sowohl meine Klavier-
als auch Gesangsausbildung an der Hochschule bei hervorragenden
Lehrern zu genießen, die auch immer bedacht waren, mich
an Aufgaben und Rollen heranzuführen.
Meine Tätigkeiten waren in vielen namhaften Opernhäusern und
verschiedenen Festspielen in Zentral und Osteuropa, wo
ich Olga, Eboli, Cherubino, Zerlina, Suzuki, Komponist, Orlofsky
und Polina gesungen habe. Gastspiele an der Prager Staatsoper,
beim Festival in Tours und auch beim Wiener Klangbogen waren nächste
Schritte. Ab 1992 war ich am Grazer Opernhaus als Ensemble-Mitglied
engagiert.
Welche
Möglichkeiten der Entwicklung haben Sie in Österreich
am Opernhaus Graz oder überhaupt in der Kunstszene vorgefunden?
Sicherlich
war für mich eine große Umstellung. Es galt für
mich, zuerst die Sprache zu lernen und mich vor allem mit einer
durchaus veränderten Szene in Kunst und Kultur anzufreunden.
Am Grazer Opernhaus hatte ich dafür hervorragende Bedingungen.
Besonders war mir aber die Möglichkeit für Weiterbildung
mit den besten Professoren wie etwa Renata Scotto, Ruthilde Boesch,
Horiana Branisteanu und Marga Schiml gegeben. Ich hatte die Möglichkeit
zum Studium von neuen Rollen, habe dies auch auf der Bühne
umsetzen können z.B. bei Dorabella, Cherubino, Zerlina, Nicklaus,
Rosina, Dalila, Octavian und viele andere mehr. Die Zusammenarbeit
mit Edita Gruberova war eine sehr schöne und wertvolle Erfahrung
für mich - der Live-Mitschnitt vom Opernduettabend in der
Philharmonie Gasteig in München ist unter dem Titel "Adagio
- Zwischen Himmel und Erde" im Handel erhältlich.
Als
Ensemble-Mitglied - hat das Ihre künstlerische Entwicklung
nicht stark eingeschränkt?
Nein,
ich habe das nie so empfunden, wobei ich selbst sehr aktiv bin,
mich mit vielen neuen Themen auseinandergesetzt habe und von der
damaligen Direktion bei sich immer wieder bietenden Möglichkeiten
die Chance bekommen habe, anderweitig künstlerisch tätig
zu sein. Vorstellungen und Konzerte mit namhaften Dirigenten wie
Jury Bashmet, Ivor Bolton, Sylvain Cambreling, Christoph von Dohanyi,
Martin Haselböck, Milan Horvat, Dmitrij Kitaenko, Fabio Luisi,
Ernst Märzendorfer und Emil Tabakov haben mich in verschieden
Konzertsälen und Opernhäusern erfolgreich arbeiten lassen.
Ich habe mehrfach bei den Salzburger Festspielen, etwa in der
"Zauberflöte" von Achim Freyer, wie auch in den
"Troyens" von Herbert Wernicke gesungen, aber auch eine
Fülle von Konzerten z.B. im Musikvereinssaal Rossinis "Stabat
Mater", Bruckners VIII. Symphonie unten Milan Horvath, "Alexander
Njevsky" in der Gasteig Philharmonie in München. Diese
wunderbare Musik werde ich im März in Wien mit Vladimir Ashkenazy
und den Wiener Symphonikern wieder singen können.
Ich liebe Lieder! Beim Operngesang schlüpfe ich in eine Rolle,
was voraussetzt, sich mit der Thematik und Person intensiv auseinanderzusetzen.
Die Interpretation wird natürlich auch noch vom Regisseur
und Dirigenten massiv beeinflusst. Beim Liedgesang bin ich der
alleinige Interpret und kann so richtig aus dem Herzen singen.
Die Erarbeitung eines Liederabends ist für mich nicht nur
eine große und spannende Aufgabe, sondern eine interessante
sängerische aber auch emotionale Herausforderung. Ich habe
schon zu meinen Grazer Zeiten mit dem Pianisten Maris Skuja Liedprogramme
erarbeitet. Im vorigen Jahr habe ich zusammen mit Helmut Deutsch
im ausverkauften Brahmssaal des Wiener Musikvereins einen Liederabend
mit spanischen Liedern von Garcia Lorca und Manuel de Falla sowie
Liedern von Tschaikowsky und Rachmaninov gesungen. Gerade bei
Liederabenden finde ich diese unglaubliche Nähe zu den Zuhörern.
Der Abend wurde für eine Videoproduktion aufgezeichnet.
Wie
stehen Sie zur Diskussion der modernen Regie und des Regietheaters?
Meine
Einstellung dazu ist sehr einfach: Solange der Text, die Musik
und der Gesang nicht verwässert oder sogar verfälscht
werden und das Publikum das Gefühl bekommt, in einem anderen
Stück zu sein, denke ich, dass die Oper Veränderungen
unterworfen ist. Eine durchaus positive Entwicklung. Ich habe
gerade in Florenz mit Carlos Alvarez und Rámon Vargas in
"Rigoletto" gesungen, unter der musikalischen Leitung
von Fabio Luisi. Eine moderne Produktion mit viel Stil und Geschmack
wenngleich auch für das konservative italienische Publikum
etwas provokant - warum nicht?
Haben
Sie so etwas wie eine Karriereplanung oder ein Zukunftsmanagement?
Natürlich
gibt es so etwas, weil auch der Gesang und die Interpretation
einer ständigen Weiterentwicklung bedürfen. Die technische
Perfektionierung und die Entwicklung von Ausdruck und Interpretation
nehmen viel Zeit in Anspruch. Ich arbeite seit dem Sommer des
letzten Jahres mit Christa Ludwig zusammen, die schon von Jugend
auf für mich ein großes Idol war. Ich kann mich erinnern,
dass meine Mutter mir zum 18. Geburtstag eine Platte con Christa
Ludwig geschenkt hat. Ihre Interpretation von Schuberts "Der
Hirt auf dem Felsen" hat mich stark inspiriert, deshalb habe
ich dieses Werk auch in mein Repertoire aufgenommen.
Zur Zeit arbeite ich mit Frau Christa Ludwig an einem "Masterplan"
für meine weitere künstlerische Tätigkeit zusammen.
Der Schwerpunkt liegt an der Entwicklung in das dramatische Fach
und in diesem Zusammenhang an der Weiterentwicklung der Farbe
der Stimme, dem Inhalt der Texte (z. B. Amneris, Azucena, etc...)
und vor allem daran, den Spaß am Singen nicht zu verlieren,
genug Zeit zu haben, um meine Rollen gut zu studieren. Dazu ist
es sehr wichtig, ein entsprechend ausgegliechenes Privatleben
zu haben.
Ich habe einen Sohn, der studiert, und lebe seit über drei
Jahren mit meinem Lebenspartner zusammen. Unser Lebensmittelpunkt
ist Wien. Mein Partner ist Gott sei Dank nicht im Musikgeschäft
tätig, wiewohl er ein Musikliebhaber und Opernfreund ist.
Er ist als Unternehmer in der Wirtschaft tätig, dies ermöglicht
mir auch, andere Aspekte des Lebens kennenzulernen und zu sehen,
wofür ich ihm wieder manches Fenster in die Kunst der Musik
öffne.
Natürlich sind meine vielen Reisen oftmals belastend fürs
Privatleben, mein Lebenspartner versucht immer wieder, mich zu
besuchen, und nutzt die Gelegenheit, sich mit der örtlichen
wirtschaftlichen Situation, den sozialen Entwicklungen in diesen
Gebieten vertraut zu machen. Ich habe in den letzten Jahren auch
gelernt, wie wichtig professionelles Zeitmanagement vor allem
auch für Künstler wichtig ist. Heute ist mir der Umgang
mit meinem Zeitpotenzial seht wichtig geworden. Es geht darum,
genug Zeit für meinen Beruf, für meine Weiterentwicklung,
aber auch für meine Familie und mein Privatleben zu haben.
Gar nicht so leicht bei meinem gedrängten Terminkalender
und den vielen Reisen. Ganz wichtig ist bei längeren Engagements
im Ausland, mir eine Atmosphäre des Wohnens zu schaffen,
in der ich mich wohlfühle und arbeiten, aber auch entspannen
kann.
Notwendig für uns beide ist ein Freundeskreis, der auch einer
Pflege bedarf. All dies ist für mich von Bedeutung, weil
ich sehr oft auch die Isolation, in welche Künstlerkollegen
geschlittert sind, gesehen habe. Mein Partner hat mir auch viel
von meiner nunmehrigen Heimat Österreich gezeigt - ein Land,
das wunderschön ist und das ich sehr lieb gewonnen habe.
Einige wenige Urlaubstag in den verschneiten Bergen Tirols geben
mir wieder Kraft und positiven Input für die nächsten
Aufgaben
Ich liebe es in unserem wunderschönen Zuhause zu sein, Freunde
zu sehen, sie zu bekochen, aber auch bekocht zu werden. Mein Partner
überrascht mich immer wieder als Hobbykoch mit seinen Kreationen.
Ich pflege sehr gerne die Blumen und Pflanzen auf unserem Dachgarten.
Orte wie etwa Florenz sind für mich verführerisch, weil
ich ein Liebhaber schöner Dinge bin und oft an Geschäften
ohne Einkäufe nicht vorbeigehen kann.
Und
Ihre nächsten Pläne?
Ich
bin gerade auf dem Weg nach Leipzig zu Konzerten und CD-Aufnahmen
"Das Buch mit sieben Siegeln" mit Fabio Luisi. Anschließend
geht es zurück nach Wien, wo Proben an der Volksoper für
Carmen beginnen. Ich mag dieser Rolle sehr, weil mich die Person
der Carmen fasziniert - sie hat so etwas ursprünglich Weibliches
und ungeheuer Emanzipiertes. Dazwischen gibt es Konzerte, wie
schon erwähnt mit den Symphonikern. Eine Konzerttournee in
Deutschland und Frankreich ist in Planung sowie weitere Projekte
und CD-Aufnahmen. Im Sommer freue ich mich, in Österreich
bei Harald Serafin in Mörbisch zu singen."